Veranstaltungskritiken

Würdigung vergangener Veranstaltungen in der Kneipenbühne:

2017 27.02.

Beck von Kamen

Zu dem Namen "Beck von Kamen" muss Folgendes vorausgeschickt werden: Es handelt sich nicht um den Bäcker aus einer nordrhein-westfälischen Hansestadt des östlichen Ruhrgebietes, der sich bei der Künstlernamensgebung von seinen Vorbildern Hubert von Goisern und Max von Milland hat inspirieren lassen. Vielmehr bezeichnet "Beck von Kamen" ein Musikantenduo. 

Die beiden wollten am Rosenmontag die Tradition der spontanen Stummfilmbegleitung fortführen, die in O'wei vor zwei Jahren so unrühmlich mit "Jingle King & Jungle Kong" begonnen hatte. Dummerweise stand aber lediglich ein Tonfilm zur Verfügung, nämlich „Der Weichkäse“ von Pier Paolo Pasolini. Und so wäre aus einer musikalischen FreFaBü (Freien Faschingsbühne) fast nichts geworden. Nach längerer Diskussion, die zu einer erheblichen Verspätung führte (statt um 20 Uhr 15 Uhr konnte mit der Filmvorführung erst um 21 Uhr 02 begonnen werden), entschied das einköpfige O’wei’-Team dann doch (wenn auch zähneknirschend), den Sound wegzuschalten und beugte sich dem Argument, dass der Film eh nur in der italienischen Originalfassung – immerhin mit französichen Untertiteln – angesehen werden könne. Ein kluger Entschluss, wie sich kurz darauf herausstellen sollte.
„La Ricotta“, eine Episode aus dem Koffer- – oder vielmehr – Episodenfilm "RoGoPaG" (1963), verursachte übrigens seinerzeit in Italien einen Skandal und brachte dem Regisseur eine Anzeige wegen Verunglimpfung der Staatsreligion ein. Das Kneipenbühnen-Publikum zeigte sich jedenfalls begeistert von der Art, wie der Hauptdarsteller in einer zentralen Szene den dämlichen Feuilletonisten zur Schnecke macht. Das ging auch auf französisch hinunter wie kalt gepresstes Malcesiner Olivenöl!

Zu den FreFaBü-Künstlern: Während der muskulöse, gut durchtrainierte von Kamen (aus Limburg an der Lahn) seine mit einem Tonabnehmer versehene xxx-large-Käser-Eibe – sorry: Käse-Reibe – als Rhythmusinstrument verwendete und sagenhafte 769,666… Gramm von einem Riesenlaib Parmigiano wegrieb, ohne jemals Schwächen bei den meist recht zügigen 6/8-Grooves zu zeigen, spielte der in Arbatax geborene Beck auf seiner „Cheese-Guitar (siehe Foto) diverse Mozzarellen-Tarantellen aus seiner sardischen Heimat. Dazu sang er in verschiedenen Tempi und Tonarten während der 35-minütigen Episode (Hauptrolle: Orson Welles) mit wohltönendem Tenor immer wieder ein Gedicht Pasolinis, nämlich „Io sono una forza del passato". (Nein, das heißt nicht: "Ich klinge wie ein fahrengelassener Furz", sondern "Ich bin eine Macht aus vergangenen Zeiten"!)
Das leider allzu kurze, jedoch durchaus erfrischend pietätlose Intermezzo der beiden Barden fand die volle Anerkennung der zweiohrigen Zuhörerschaft. Bleibt noch anzumerken: Beck heißt mit Vornamen nicht Jeff sondern Orino, und von Kamen – wie könnte es anders sein – Bert.