Veranstaltungskritiken

Würdigung vergangener Veranstaltungen in der Kneipenbühne:

2012 21.01.

Martin C. Herberg

Drei akustische und eine elektrische Gitarre (Schweizer Präzisionsarbeit), ferner ein paar Kleininstrumente wie Vogelpfeifen und Bluesharps, Zubehör wie Bottlenecks und eine Metallstange und schließlich eine Anzahl geschmackvoll ausgewählter Effektgeräte: daraus besteht der Fundus, mit dem Martin C. Herberg sein zahlreiches Publikum in der Kneipenbühne zu verzaubern versteht. Der sympathische Wuppertaler Gitarrenpaganini mit den subtilen, sanften Texten, die vorwiegend von der Liebe in all ihren Facetten handeln, war immer wieder einmal zu Gast in der Oberweilinger Kulturoase; so auch am vergangenen Samstag.
Zwar behauptet der Weitgereiste, dass er nach tausenden von weltweit gegebenen Konzerten langsam in die Jahre kommt, hingegen merkt man schon bei den ersten filigranen Akkorden, die er anschlägt, dass er noch das gleiche Feuer in sich trägt wie bei seinem ersten Owei-Konzert (1994). Und das, obwohl sein getreuer Campingbus am selben Tag mit Motorschaden bei Weiden auf der Strecke blieb und er all seine Gerätschaften in einen winzig kleinen Leihwagen umladen musste – Umstände, die dem Feeling nicht unbedingt zuträglich sind.
Als Profi, der in etwa drei Jahren »noch ein letztes Mal beim Golly« spielen möchte, bevor er in Rente geht, steckt Herberg so etwas weg und zieht nichtsdestoweniger alle denkbaren Register der Gitarrenkunst: Pizzicati mit der Linken, während die unerhört flinke Rechte verschrobene Rhythmen auf dem Gitarrenkorpus klopft, Bottleneckmelodien und komplizierte Harmoniewechsel in höchstem Tempo‚ Basssoli und perkussives Accompagnement - alles innerhalb weniger Minuten. Später präsentiert der Gitarrenwizard ein lautmalerisches »Wasserstück«, das sich von einem Bächlein zu einem stattlichen Fluss entwickelt, der in einem unergründlich tiefen Dschungel verschwindet. Herberg verwendet Echos, Flanger, die oben erwähnte Stange, mit der er gleitende Akkorde produziert, ein Wahwahpedal und Vogelpfeifen; er benutzt seine Synthesizergitarre als eine Art Drohne, die er kurz anzupft und ansonsten unbemannt lässt. In dem stillen meditativen, kontemplativen „Like a Feather“ stellt er dann dieses klanglich faszinierend variable Instrument vor. Eine akustische Gitarre präpariert er mit Hölzchen so, dass man karibische Steel Drums zu hören vermeint. Seine Version von „Paint it Black“ - sein Renner seit 1966, wie er schelmisch behauptet - ist unglaublich variantenreich und mündet in einen Fred-Frith-Trick par excellence. Chapeau, Herr Herberg. Wiederum.