Veranstaltungskritiken

Würdigung vergangener Veranstaltungen in der Kneipenbühne:

2017 11.11.

Flez Orange

Es begann mit einem zappaesken unisono-Tumult, und spätestens nach fünf Sekunden wusste das Publikum: Hier passiert im wahrsten Sinn des Wortes etwas musikalisch Unerhörtes, da steht ein Quintett auf der Bühne, dessen Mitglieder sich aufgrund ihrer großen Virtuosität auf ausgeklügelte Arrangements einlassen können, auf Partituren, die bis ins kleinste Detail melodisch, rhythmisch und harmonisch geplant sind; und das alles ohne doppelten Boden, das heißt, ohne jeden lästigen Notenständer. Nach zum Niederknien witzigen Erklärungen des Conférenciers – der sich und seine Geschichten stets neu erfindet – prasselt auf die begeisterten Zuhörer sogleich ein organisch zusammengefügtes Sammelsurium von weltumspannenden Musikstilen ein, das vom verreggaeten niederbayerischen Volkslied über verrockten Klezmer, verjazzten Folk bis zur verwalzerten Polka reicht. Und es wird oft traumhaft sicher mehrstimmig gesungen mit einem Akkordreichtum, den man sonst nur bei Barbershop-Ensembles findet. Verschrobene Siebenachtel- und Neunachteltakte kommen daher, als seien sie das Natürlichste der Welt und komplizierte Breaks landen mit traumhafter Sicherheit auf dem Punkt. Das größte Zauberkunststück der Truppe aber ist, dass beim Lauschen trotz der hohen Komplexität keinen Moment lang der Eindruck entsteht, dass hier irgendwelche Cheftheoretiker am Werk sind. Nein. Hier wird Musik präsentiert, die ausschließlich gute Laune verbreitet. 
Von wem die Rede ist? Von Flez Orange natürlich, einer Band, die den neuerdings bis zum Abwinken bemühten hässlich-zweisprachigen BR-Begriff „Heimatsound“ umstülpt in eine höhere Dimension, wahrscheinlich die fünfte. Die fantastischen Fünf  können nämlich aus einer Blockflöte mühelos eine Blödflocke machen. Dies sei nur am Rande vermerkt.
Flez Orange war am vergangenen Samstag nach gut zwei Jahren endlich wieder einmal zu Gast in O’wei, mit neuer Besetzung, ein paar neuen Instrumenten, neuen Ideen und einer neuen Qualität, die zu beschreiben man sich wahrhaftig schwer tut. Matthias Klimmer (Klarinette, E-Gitarre, Gesang, Conférencier und Komponist), Veronika Keglmaier (Geige, Gesang), Stefan Fußeder (Akkordeon, Gesang), Jochen Rössler (E-Bass, Gesang) und Maximilian Maier (Schlagzeug, Ukulele, Gesang) bilden eine musikalische Einheit, die den Laien zum Jubeln und den Fachmann zum Träumen bringt. Chapeau, Chapeau, Chapeau, Chapeau und Chapeau; die Dame, die Herren!