Veranstaltungskritiken
Würdigung vergangener Veranstaltungen in der Kneipenbühne:
Trio Comtesse & Co.
Glück, wann hat man das schon: wenn man Pech hat, nie (Dieser Satz eines Liedermachers der frühen 80er-Jahre steht irgendwo an einer Wand in der Kneipenbühne). „Trio Comtesse & Co“ hatten Pech, zumindest am vergangenen Samstag in Oberweiling, denn das Wetter machte der Veranstaltung einen dicken weißen Strich durch die Zufahrtswege, und so fanden gerade einmal ein Dutzend Besucher den Pfad ins verschneite Dorf. Dabei war - wie meistens in der Kneipenbühne - unvergleichlich hohes Niveau geboten mit drei bemerkenswerten Künstlern der Münchner Szene: Rahel Comtesse (Schauspielerin, Sängerin und Sprecherin für Funk und Fernsehen), Peter Krempelsetzer (Schauspieler und Performer, Leiter der ImproArt- Schule für Theater und Tanz in München) und Steffen Zander (Pianist, Arrangeur und Dirigent).
In den Rollen des Zynikers Hartmut (Krempelsetzer), der komplex-filigran-zerbrechlichen Manù (Comtesse) und des stillen ‚einfach glücklichen’ Felix (Zander) untersuchte das Trio mit sezierender Präzision „wahres Glück“. Das darf man sich nicht trocken und akademisch vorstellen; im Gegenteil: die drei verbanden Impro-Theater, Chansonabend und Kabarett auf unvergleichliche Weise. Dabei brillierte Rahel Comtesse mit ihrer Stimme, etwa wenn sie als eine Art Nina Hagen Zarah Leander interpretierte. Sie ging mit Edith Jeskes „Rinnsteinprinzessin“ tief unter die Haut, gab den Vamp, als sie sich einen Mann aus der Zuhörerschaft herauspickte, wirkte als „Gänseblümchen“ ganz schön feist - zumal sie es schaffte, das spärliche Auditorium zum Mitsingen zu bewegen; und schauspielerte, was das Zeug hielt: von höchst blinder Liebeseuphorie bis zu tiefer Verzweiflung (vergeblich wartend unterm Regenschirm) zog sie Register um Register ihres Könnens.
Hartmut, der brachiale „Schlagwerker“ bot ihr Paroli, äffte in Gestik und Mimik Manùs Gefühle und zog sie ins Lächerliche; die beiden lieferten sich zudem höchst vergnügliche verbale Schlachten und stellten schließlich nach einer allgemeinen Publikumsbefragung fest, dass Glück eine gefährliche Sache ist. Pianist Felix, ein sympathischer Wonneproppen, hielt sich - in sich ruhend - aus dem ganzen Schlamassel heraus und brillierte stattdessen lieber an den Tasten.
Als alles nichts mehr half, gaben die drei eine Kostprobe ihres Improvisationstalents, etwa als Rahel Comtesse ein zärtliches Lied über einen Schal erfand (der Begriff - und auch fast der Gegenstand - wurde ihr von einer Zuhörerin zugeworfen) oder wenn sie auf „finnisch“ oder einer beliebigen anderen Sprache zu wunderschönen Popharmonien sang und sich Krempel(über)setzer als ein kongenialer Partner erwies.
Mit „Lass es sein“ schließlich befreiten sich die drei vom Glück und verabschiedeten ihr begeistertes Publikum mit einem wunderschönen a-capella-Gesang, um sogleich in der Zugabe ihr Konzert in Kurzfassung Revue passieren zu lassen. Bravissimo.