Veranstaltungskritiken

Würdigung vergangener Veranstaltungen in der Kneipenbühne:

2009 21.11.

Duo Extrakt

Zwei indische Shruti-Boxen, zwei mit Wasser gefüllte Schüsseln auf geheimnisvollen Gestellen, ein paar Steine, eine Viola, eine Gitarre, eine Kalimba, eine Bassklarinette und ein Sopransaxophon stehen auf der Bühne, und man ist schon vor Beginn des Konzerts in Oberweiling gespannt, was einen da wohl erwarten wird. Dann betreten Norbert Vollath und Anka Draugelates die Szenerie, und während ein spätes, verirrtes Pfauenauge seine melancholischen Runden um die kleinen künstlichen Energiesparlampen-Sonnen im Klassenzimmer dreht, beginnen den unscheinbaren fernöstlichen Blasebalg-Instrumenten sphärische Klänge zu entströmen. Die beiden wunderbaren Musiker treten ihre musikalische Reise an und nehmen ihr Publikum, bevor sie ferne Galaxien besuchen, erst einmal mit nach Irland, indem sie zutiefst rührende Balladen wie „The Lonesome Boatsman“ oder „Foggy Dew“ interpretieren. Norberth Vollath, mittlerweile bekennender Fan der Kunst, die von der Grünen Insel kommt, vertont Teile aus James Joyces „Finnegans Wake“ - und wie von selbst, auf zauberhafte Weise, lässt sich das Ohr des überraschten und begeisterten Publikums auf die obskuren Texte ebenso ein wie auf die dazugehörigen experimentellen Klänge. Anka Draugelates stimmlicher Facettenreichtum spannt sich dabei von dunkel-sonoren Bereichen über warm-raues Timbre, sie singt in unerhört hohen Tönen „nach innen“ und präsentiert an anderer Stelle einen erstaunlichen Obertonreichtum. Klar und sanft interpretiert sie, indem sie sich auf der Shruti-Box begleitet, das Liebeslied „Black is the color of my true loves hair“, einen Song, der so manchem Zuhörer Tränen in die Augen treibt, nicht zuletzt wegen der wunderbar einfühlsamen Bassklarinette des „Negerländers“ Norbert Vollath. Dann wieder fetzt das Duo mit unisono-Melodien los oder präsentiert traumhaft saubere Bicinien (Sopransax plus Stimme) im Terzabstand. Kurzweilig, lustig und immer mit überraschenden Wendungen warten die beiden Ton-Zauberer auf, wenn zum Beispiel Vollath mit dem Geigenbogen eine Butzelkuh zum Singen bringt, während die hervorragende Bratschistin Draugelates dazu dem afrikanischen Daumenklavier Streicherklänge entlockt; oder wenn die beiden mit Posaunen- und Klarinettenmundstück ihre „Waterphone“ zu einer verspielten, reizenden Blubbermusik anregen; dann wieder werden sie lyrisch, wenn Draugelates zu ihrer gestrichenen oder wie eine Gitarre (die sie übrigens auch vorzüglich bedient) gezupften Viola singt. Vollath übrigens ist immer auf selber Augenhöhe mit der charmanten und sympathischen Performance-Künstlerin, die ganz zum Schluss mit einem mittelalterlichen Tanzstück aus dem Llibre Vermell de Montserrat zur "Party auf katholisch" einlädt.