Veranstaltungskritiken

Würdigung vergangener Veranstaltungen in der Kneipenbühne:

2009 17.10.

Martin C. Herberg

Vier Gitarren stehen auf der Bühne, nämlich drei akustische und eine (elektrische) Synthesizergitarre, ferner ein Sammelsurium an Flöten, Mundharmonikas, Bottlenecks, eine Metallstange und eine Anzahl klug ausgewählter Effektgeräte.
Martin C. Herberg, sympathischer Wuppertaler Gitarrenzauberer der etwas anderen Art, betritt die Bühne, und ohne großes Federlesen, als sei es das Selbstverständlichste der Welt, beginnt er sein Konzert auf der klassischen Gitarre mit einem virtuosen spanischen Schaustückchen, lässt mit Hingabe und Feuer ein irisches folgen, um sogleich im dritten Streich mit einem musikalischen „Road Movie“ alle denkbaren Register der Gitarren -Kunst und -Performance zu ziehen: da erlebt der erstaunte Zuschauer Pizzicati mit der Linken, während die Rechte verschrobene Rhythmen auf dem Gitarrenkorpus klopft, da bekommt der Zuhörer Bottleneckmelodien und komplizierte Harmoniewechsel in höchstem Tempo zu hören, da fügt sich nahtlos ein ‚Basssolo’ an eine perkussive Begleitung - alles innerhalb weniger Minuten.
Kaum hat man den staunenden Mund geschlossen, legt der Gitarrenwizard los mit seinem „Wasserstück“, das sich ähnlich wie die Moldau von Smetana von einem Bächlein zu einem stattlichen Fluss entwickelt, der bei Herberg jedoch in einem unergründlich tiefen Dschungel verschwindet. Herberg verwendet statt des romantischen Symphonieorchesters allerdings Echos, Flanger, die oben erwähnte Stange, mit der er gleitende Akkorde produziert, ein Wahwahpedal, Vogelpfeifen, seine Synthesizergitarre als eine Art Drohne, kurz angezupft und ansonsten unbemannt.
In dem stillen meditativen, kontemplativen „Like a Feather“ stellt er dann dieses klanglich faszinierend variable Instrument vor.
Damit nicht genug, er dämpft eine Gitarre mit Papierstreifen, damit sie so klingt wie ein Klavier und interpretiert eine Ragtimenummer; eine andere präpariert er mit Hölzchen so, dass man karibische Steel Drums zu hören vermeint. Seine Version von „Paint it Black“ - sein Renner seit 1966 - ist unglaublich variantenreich und mündet in einen Fred-Frith-Trick par excellence. 
Die musikalische Beschreibung eines Polarlichtes wirkt so gelungen, dass man bei geschlossenen Augen eines vor sich zu sehen vermeint. Dann wiederum überrascht er mit gefühlvollen Bluesnummern, die in einen high speed Boogie münden oder in einen Rock’n’Roll. Er wird entzückend lyrisch, wenn er mit den Elfen tanzt, politisch im Raincoat Song, philosophisch in seinem Stück „Questions“.
„Those were the days“ von Paul McCartney- der auf der „Steel Drum Gitarre“ gespielte Ohrwurm -, eine seiner Zugaben, drückt das wehmütig-schelmische Zwinkern eines alten Hasen aus, der auf tausende von Auftritten in der ganzen Welt zurückblicken kann. 

Das alles und noch viel mehr durfte ein erlesenes Publikum am vergangenen Samstag in der Kneipenbühne erleben.