Veranstaltungskritiken

Würdigung vergangener Veranstaltungen in der Kneipenbühne:

2009 26.09.

Dan Reeder

Die Front der Kneipenbühne steht voll mit skurrilen Instrumenten: man entdeckt ein bundloses Banjo aus Sperrholz und Aquarellpapier, eine Raviolidosen-Sitar, eine babyhellblaue Ukulele, eine auf die Schnelle zusammengezimmerte Testgitarre mit gekipptem Griffbrett - „Die klingt gar nicht einmal so schlecht“, - eine zum Bass umfunktionierte Schrottgitarre: das Publikum kommt aus dem Staunen nicht heraus. Und dann sitzt auf der Bühne ein scheinbar unscheinbarer Zauberer, der alle Musikgeräte, die man sieht, selbst gebaut hat, ein genialer Konstrukteur, der - vorwiegend aus Abfallprodukten - erstaunliche Klangkörper schafft. Damit nicht genug. Dan Reeder, so heißt das Allround-Genie, ist Kunstmaler, kann auf eine Gastprofessur an der Nürnberger Akademie zurückblicken, ist Kulturförderpreisträger der Stadt Nürnberg und Musiker, Poet, Interpret. 
„The Haarbüschel“, ein Berliner Blogger, bringt es ganz gut auf den Punkt: „(Dan Reeder) hat sich mit seinen einfachen, aber teilweise brüllend komischen Folksongs eine eigene, kleine Welt geschaffen, die zumindest ich nicht mehr verlassen möchte, wenn ich seine CDs einmal eingelegt habe... Aber die beste Nachricht ist: Er tritt endlich live auf!“ 
Es wird „The Haarbüschel“ wahrscheinlich wurmen, dass er am vergangenen Samstag nicht in der Kneipenbühne hat sein können. Dass aber der Oberweilinger Auftritt die definitiv letzte musikalische Liveperformance des sympathischen Amerikaners gewesen ist, wird ihn wie ein Blitz treffen. Reeder mag nämlich eigentlich nicht öffentlich spielen, hat sich nur noch ein letztes Mal breit schlagen lassen von der einmaligen Atmosphäre im O’wei’, will künftig lieber in seinem selbst gebauten Studio zu Hause seine Songs weiterspinnen und CDs veröffentlichen.
Dabei ist sein Kneipenbühnen-Auftritt eine Offenbarung. Mit leisen Tönen, eindringlich und zart, trifft der auf den ersten Eindruck introvertierte Mensch genau die Gefühlsmitte seines mucksmäuschenstillen Publikums - aber er hat es faustdick hinter den Ohren. Seine Lieder - eines wie das andere - gehen unter die Haut mit wunderschönen Melodien und ebenbürtigen Metaphern, sind gleichzeitig angefüllt mit melancholischem Humor, führen mit magischen Wiederholungen wie etwa: „I got all the fucking work I need“ in temporäre, nur Sekunden andauernde, tranceartige Zustände. Dan Reeders Texte sind etwas für die Schlaueren unter uns (und da gibt es - die Besucherzahl zeigt es - nicht gerade viele). 
„When I say ‚Vietnam’, it sounds like ‚Coca Cola’“: Dan Reeder, dessen Lieder oft von seinen selbst gebauten Instrumenten diktiert werden, ist ein weiterer Protagonist der traurigen und wunderschönen Welt.