Veranstaltungskritiken

Würdigung vergangener Veranstaltungen in der Kneipenbühne:

2008 22.11.

Shades Of Blue

Drei Handvoll Zuhörer trotzten Schneeverwehungen und Glatteis und wurden dafür in der Kneipenbühne am Samstag mit einem Konzert entlohnt, nach dem man sich die Lippen lecken kann. Das Trio „Shades Of Blue“ (Schattierungen des Trübsinnigen, Unanständigen, des Blauen) glänzte auf hohem Niveau und brach somit eine Lanze für eine durch Schludrigkeit oberflächlicher Musiker sehr in Verruf geratene Musikform – den Blues. Da war zunächst einmal Leadsänger Michi Kusche an der Gitarre, einer, über den man in O’wei’ nicht mehr viele Worte zu verlieren braucht, ist er doch seit Jahr und Tag Garant für Hochklassiges. Ob mit dem B.B.King-Project, ob mit „Tears & Drops“, „Kusches Hertz“ oder den „Chillout Jumpers“: Augen zu und man meint, hier singt und spielt ein alter schwarzer Chicago-Bluesman, der nie etwas anderes geschnuppert hat als die Luft der Windy City. 
„Knock Me a Kiss“ - Uff! Kusche stand ein Kontrabassist zur Seite, wie man ihn nur selten zu sehen und zu hören bekommt. Johnny Pickel war in der Kneipenbühne schon mit den „Houserocking Nightcats“ und der Gruppe „“ in Höchstform zu erleben. Bei „Shades Of Blue“ toppte er sich selbst, und wie! Als feinsinniger, witziger Conferencier, als Sänger (nicht nur Louis Jordan, den Vater des Rhythm And Blues, interpretierte er hinreißend) und vor allem als Kontrabassist brillierte er in ungeahnten Gefilden. Lässiges Left-Hand-Pizzicato, Flageolett, Slap, Slide und vieles mehr baute er in seine treibenden Läufe ein. Und, was man so bestimmt noch nie erlebt hatte, Pickel machte aus dem Besonderen eines Basssolos etwas Selbstverständliches. Der so ganz und gar atypische Kontrabassist lieferte einen virtuosen Alleingang nach dem anderen ab, ohne je an Spannung zu verlieren und – was noch viel sympathischer ist -, ohne jemals seinen Mitmusikern den Wind aus den blauen Segeln zu nehmen. 
Olaf Böhme, der dritte im Bunde spielte eine melodiöse Bluesharp, mit der er Titel und Preise einheimsen könnte. Aber darum geht es ja nicht. W. C. Handy hätte sein breitestes Lächeln aufgesetzt, hätte er Böhmes Instrumentalversion von „St. Louis Woman“ hören können. Seit seiner Mitgliedschaft in der Down Home Blues Band hat Böhme sich enorm entwickelt, seine Harp ist eine Offenbarung. Hätten Schnee und Eis etwas von „Shades Of Blue“ gehört, sie wären freiwillig dahingeschmolzen.