Veranstaltungskritiken
Würdigung vergangener Veranstaltungen in der Kneipenbühne:
B.B.King- Project
Wann hört Blues auf, Blues zu sein und wird zum Soul oder gar zum Jazz? Eine interessante Frage, die sich mir zum ersten Mal in den späten 60ern stellte: die Werbeplakate für den Auftritt von B.B. King in der Nürnberger Meistersingerhalle titelten "Soul is King" - und mir als ganz jungem Menschen ging auf diesem Konzert ein Licht auf, das mich für den Rest meines Lebens zum Bluesfan machte.
Am vergangenen Samstag kam in der Kneipenbühne dieses Aha-Erlebnis auf eine ganz erstaunliche Weise zurück: das siebenköpfige B.B.King-Project um den Nürnberger Musiker Michi Kusche traf nicht nur Kings unverwechselbaren Ton in unglaublicher Perfektion, sondern transportierte ebenso genau die Kraft, Lebens- und Spielfreude, die Melancholie und Sehnsucht, die in der Musik des amerikanischen Bluesikonen steckt. Wohlige Gänsehaut widerfährt mir in musikalischer Hinsicht nur noch selten, Kusche und seine Mannen schafften es mit ihren treibenden Grooves und ihren virtuosen Soli ein paar Mal, mir eine solche zu verschaffen. Kusche hat aber auch eine Mannschaft zusammen, die es in sich hat:
Traugott Jäschke (Tenorsaxophon) machte in Oberweiling unter anderem schon in den 80er Jahren als Mitglied der Jazzrockband "tse tse" Furore, die beiden Kulturförderpreisträger Johnny Pickel (Bass), der bei "Feinton" seiner Liebe zu düsterer Musik à la Tom Waits frönt, und Roland Horsak (Trompete), Mitglied der Bigband "Time Bandits", sind ebenfalls Musiker oberster Güteklasse. Konservatoriumsabsolvent Volker Baldermann (Piano), der mit allen Jazzwassern gewaschene Roland Gurt (Alt-Saxophon) und Güven Sevincli (drums), Absovent der Schlagzeugschule Aschaffenburg, stehen auf dem selben Niveau. Neben exakt sitzenden intelligent arrangierten Bläsersätzen gibt jedoch Michi Kusches Gitarrenspiel und seine unglaublich schwarze Stimme dem Ganzen die unverwechselbare Prägung.
Da ausschließlich B.B.-King-Kompositionen gespielt wurden und ein Highlight dem anderen folgte, möchte ich nur zur Zugabe "The Thrill is Gone" etwas sagen: B.B. Kings Vorzeige-Nummer, die es seinerzeit sogar in die regulären amerikanischen Charts schaffte und für Kings Frau einen Scheidungsgrund bildete, wurde vom B.B.King-Project mit der nötigen Leichtigkeit interpretiert, variantenreich im Groove, mit viel Raum zu geistreicher Interpretation, wohltuend duftig und eben nicht so schwerfällig und träge, wie man es in den Interpretationen anderer einheimischer Bluesmusiker kennt.