Veranstaltungskritiken
Würdigung vergangener Veranstaltungen in der Kneipenbühne:
Tomás Lynch
Am vergangenen Samstag war in der Kneipenbühne Tomás Lynch zu erleben. Der irische Sänger, Gitarrist und Dudelsackpfeifer spielte alte und neue Songs seiner Heimat. „Aber wie! Wer das lahme Gesäusel eines folkloristischen Alt-Herren-Vereins erwartet hatte, wurde ebenso angenehm enttäuscht wie jene, die mit whiskeyseligem Gegröle gerechnet hatten. Stattdessen präsentierte sich Lynch mit modernem, kraftvollen Gitarrenspiel und einer glasklaren Stimme, deren Charme man sich nicht entziehen konnte. Sicher, der unvermeidliche „Wild Rover“ war mit von der Partie und „Whiskey In The Jar“ gab es auch, aber beides im überraschend neuen Gewand: der eine Song gefühlvoll und doch ohne Schmalz, der andere atmosphärisch dicht und trotzdem mit ironischer Distanz. Dies jedoch war nur eine Seite des facettenreichen Barden. So blitzte blanke Schelmerei aus Tomàs Lynchs a-capella vorgetragenem „Irish Jubilee“, einem rasend schnellen Wortschwall über Zustände und Ereignisse auf einer Fête. So erwies sich Lynch als der erste Brite in der Kneipenbühne, der wirklich mit der Tin Whistle (jener normalerweise furchtbar schrillen Blechflöte) umgehen konnte: virtuos bot er eine kleine Tanzsuite aus Air, Hornpipe und Reel dar. Und schließlich seine Uileann Pipes (das ist ein Dudelsack - keiner mochte ihn... bisher!) - endlich einmal klangen die mit Blasebalg betriebenen Schalmeien nicht wie gefolterte Aliens, sondern erzeugten eine spannungsgeladene Ambivalenz zwischen traditionellen Weisen und experimenteller Neuer Musik. Wie gesagt, ein Erlebnis!“ (schreibt Guru Golly, der seit vielen Jahren gratis einen wichtigen Teil der Arbeit unserer Feuilleton-Redaktion erledigt, und sich deshalb - vielleicht nicht ganz freiwillig, aber schaden tut es nicht - ein einigermaßen fundiertes Wissen über die Kleinkunstszene erworben hat, das er gerne und konsequent ehrlich preisgibt.) NN