Veranstaltungskritiken

Würdigung vergangener Veranstaltungen in der Kneipenbühne:

2015 25.01.

Salman Závodský /Avril Fürst

Ein Überraschungskonzert der Sonderklasse gab es am Sonntag zu später Stunde in der Kneipenbühne, als der kroatische Eventexperte und Fluxusreanimator Salman Závodský seine ‚Etüde für Oboe und zwei Hubschrauber’ den leider viel zu wenigen Gästen im O’wei vorstellte. Der vom Bischof von Urgell zum Andorraritter geschlagene Surrealist spielte ein über neunzigminütiges Solo auf einem Gerät, das man in Oberweiling eher selten zu Gesicht bekommt. Dabei zog er auf dem Doppelrohrblattinstrument alle Klangregister und faszinierte zudem mit seiner unglaublichen Zirkulartechnik, die zum Klang der beiden Hubschrauber alle denkbaren Harmonien auslotete. Die kleinen Drohnen (ein Quadro- und ein Hexacopter), die mit schwirrendem Sound ihre Runden durchs Klassenzimmer zogen, bildeten mit ihrem Quint-Bordun die Basis zum musikalischen Geschehen, das vom barocken Suiten-Melos über nordaustralische Traumzeit-Folklore bis zum Free-Jazz, vom marokkanischen Schalmeientanz und einem schottischen Kriegsmarsch bis zur ostasiatischen Totenklage so ziemlich alles tangierte, was  musikalisch vorstellbar ist.
Begleitet wurde Závodský von seiner Lebensabschnittsgefährtin Avril Fürst. Sie rezitierte zu Anfang des Auftritts – as slow as possible – einen Text John Lennons, nämlich ›Nothing is real‹ (Strawberry Fields Forever). In der zweiten Hälfte las sie aus einer philosophischen Abhandlung des Mayapriesters Chuaxocotl mit dem Titel ›Imix Kayab Baktun‹, was angeblich soviel bedeutet wie ›Der sechste Juni ist der erste April des fünfundzwanzigsten Januars.‹ Fürsts sehr tief im Altregister angesiedelte Stimme erinnerte an die späte Lotte Lenya.
Das Duo gab sich mit dem monetären Äquivalent von sechs Kilogramm Leberkäse nebst einem Glas voll mit mittelscharfem und einem voll mit süßem Senf, zwanzig Pfund Kartoffelsalat, vierzig Schrippen, einer Flasche Grappa di Barolo und einer Flasche Tequila Jose Cuervo Especial Reposado (Ouro) zufrieden.
Wer das alles verpasste, bleibt ungeschüttelt und ungerührt, denn er kann ja gar nicht wissen, was ihm entging. Chapeau, die Herrschaften Závodský und Fürst!

Die Künstler baten darum, weder Fotos noch Filme von ihnen ins Netz zu stellen. Eigentlich schade.