Veranstaltungskritiken
Würdigung vergangener Veranstaltungen in der Kneipenbühne:
Gismo Graf Trio
Als im Jahr 2010 der damals 17-jährige Gismo Graf in der Kneipenbühne debütierte, war in der O’wei-Kritik zu lesen „Gismo Graf – den Namen muss man sich merken; denn ohne Zweifel wird er in Bälde zu den ganz Großen des europäischen Sinti-Jazz gezählt werden müssen.“ Nun, zwölf Jahre später, wurde das Gismo-Graf-Trio neben Lady Gaga und Hans Zimmer für den Deutschen Schallplattenpreis (wer's nicht glaubt: anklicken und zu "Jury Filmmusik" runterscrollen) nominiert. Die neue Scheibe der drei – die sechste übrigens – heißt „Moments with the Mouse“ und beinhaltet ausschließlich Interpretationen von Kompositionen für Walt-Disney-Filme.
Eine Kostprobe davon – „So This Is Love“ aus „Cinderella“ – gab das Trio am vergangenen Samstag vor einem sowohl andächtig lauschenden als auch begeisterten und zahlreichen Publikum beim vorletzten Gartenkonzert der Kneipenbühne zum Besten.
Was die drei boten, war allerfeinste Sahne. Sie bewegten sich in technischer Hinsicht auf Weltklasse-Niveau und präsentierten sich gleichzeitig mit einer höllischen Freude am Spielen und am Ausleuchten von spontan sich ergebenden (Tempo-)Möglichkeiten.
So etwas scheint nur erreichbar, wenn man sich in- und auswendig kennt und mag. Und das konnten die drei auf höchst sympathische Weise vermitteln. Nicht nur ihre launige Conference und ihre erfrischende Blödelei – etwa eine Session mit dem neun-Uhr-Läuten der Oberweilinger Kirchenglocke –, sondern auch ihr musikalischer Varianten-Reichtum war in der Lage, die Herzen ihrer Zuhörer im Flug zu erobern: da war klassische Musik zu erleben (der 2.norwegische Tanz von Edward Grieg), ein russisches Volkslied (schwarze Augen) und natürlich Kompositionen von Django Reinhardt wie das unvergleichliche „Minor Swing“ – Das alles war nicht nachgespielt, sondern wurde auf unerhörte Weise auf ein neues Niveau gehoben; und auch „Festival Django“, eine bemerkenswerte Eigenkomposition von Vater und Sohn Graf, fügte sich organisch ins Gesamtbild ein.
Joschi Graf an der Rhythmusgitarre brillierte mit unglaublichem Akkordreichtum, der am Kontrabass klassisch ausgebildete Joël Locher, der mit Joschi zusammen groovte, als sei die oft komplizierte Begleitung aus einem Guss, brachte Soli mit einer Stilsicherheit und Güte, von denen die flinksten Gitarristen nicht einmal zu träumen wagen; und Solist Gismo schließlich – mit allen Wassern gewaschen – wirkte während keines Augenblicks hölzern, heißt: er spielte so frei von der Leber weg, als hätte er es überhaupt nicht nötig, irgend eine Akkordfolge einzuüben; stattdessen schien er jeden seiner halsbrecherischen Läufe frisch zu erfinden ohne auch nur einen Augenblick darüber nachdenken zu müssen, wie es weitergehen könnte ohne langweilig zu werden. Das gelang ihm vom ersten bis zum letzten Moment, und auf diese Weise brachte er die Zuhörerschaft dazu, die Aufmerksamkeit ausschließlich aufs Konzert zu lenken – und schon bald gerieten die zahlreichen Gypsy-Swing-Fans aus dem Häuschen und die Stimmung erreichte den Siedepunkt.
Die Oberweilinger Gartenkonzerte konnten in der laufenden Saison schon mit mehreren Höhepunkten aufwarten, aber was am Samstag geschah, ist und bleibt für lange Zeit nicht zu toppen.
Fotos: Nobsi Bäibers, Golly