Veranstaltungskritiken

Würdigung vergangener Veranstaltungen in der Kneipenbühne:

2022 02.07.

Datcha

Kurz vor Ausbruch der Pandemie hatte in der Kneipenbühne der Bostoner Sounddesigner und Klangzauberer Josh Friedman („That One Eyed Kid“) in Oberweiling gastiert und zusammen mit seiner weißrussischen Freundin Julie Kotkovetz das Publikum mit ebenso perfektem wie gefühlvollem zweistimmigem Gesang verzaubert, gepaart mit großer Virtuosität auf dem Keyboard und der Loop Station. Nun, nach mehr als zwei Jahren trat das Duo am vergangenen Samstag erneut in O’wei auf, diesmal in einem Gartenkonzert, unter ihrem neuen Namen „Datscha“ und unter gänzlich anderen Umständen. 

Die deutsche Bundesbahn macht es Reisenden offenbar extra schwer, von A nach B zu kommen: Das heißt im konkreten Fall, von Baden Württemberg aus nach Parsberg dreimal umzusteigen, in Nürnberg aufgrund von Verspätungen einen Zug zu verpassen und mit dem nächstmöglichen nicht nach Parsberg, sondern nur nach Neumarkt zu gelangen. 
„Datcha“ hatten sich offenbar aus Unwissenheit auf die DB eingelassen. Dabei war die Idee des Duos durchaus einleuchtend gewesen. In den aktuellen, sehr merkwürdigen Zeiten die umweltfreundlichste und preisgünstigste Reisevariation zu wählen. Und was kam dabei heraus? Stress und Ärger. Wehe, man hat einen Termin und verlässt sich auf die "craziness of German trains" …

Letztlich ging dann doch alles gut.
„Datcha“ hatten auf übermäßig opulentes Gepäck verzichtet und statt des Keyboards und der Loop Station nur eine akustische Gitarre mit auf ihre Europa-Tournee genommen. Das tat dem Gartenkonzert keinen Abbruch, im Gegenteil: Josh und seine mittlerweile angetraute Frau Julie präsentierten in höchster Transparenz ihre brandneue CD, eine Scheibe, vollgepackt mit den positiven Emotionen zweier anscheinend unendlich Verliebter. Die beiden brillierten mit überirdisch schönem Gesang und einer traumhaften Sicherheit bei oft komplizierten Arrangements, die gespickt waren mit Tempowechseln und anderen musikalischen Finessen. Josh erwies sich als ein variantenreicher Gitarrist, der vorzüglich groovt – wer hätte das dem eingefleischten Tastenvirtuosen zugetraut! 
Die intelligenten, inhaltlich vielschichtigen Texte forderten den aufmerksam lauschenden Zuhörern Konzentration ab. Dabei kamen Josh und Julie gänzlich ohne Spickzettel aus und sangen so frei, als ob der Gegenstand ihres Tuns das Natürlichste der Welt sei. Faszinierend an der Sache war, dass das Dargestellte so einfach erschien – Man empfand gelebte Liebe, geliebtes Leben, ohne Wenn und Aber. 
Dem O’wei-Auftritt der beiden folgt einer in München. Danach geht die Tournee weiter über die Schweiz nach Südfrankreich und dann zurück in die USA  …  und dann wieder – irgendwann übers Jahr – nach Oberweiling … Hoffentlich.