Veranstaltungskritiken
Würdigung vergangener Veranstaltungen in der Kneipenbühne:
Flez Orange
„Flez Orange“ spielten am Samstag zum dritten Mal im der Kneipenbühne – und für die Veranstalter und auch manche Zuhörer stellte sich spontan die Frage, warum das Klassenzimmer im alten Schulhaus nicht schon längst viel zu klein ist für dieses eigentlich unbeschreibliche Quintett, das qualitativ in der obersten Liga rangiert.
Ich möchte trotzdem eine Schilderung versuchen. Selten hörte man in O’wei’ derart ausgeklügelte Arrangements, bei denen alle beteiligten Musiker – ganz ohne Spickzettel und Noten – so perfekt den melodischen, rhythmischen und harmonischen Punkt trafen. Man erlebte fünf Perfektionisten, die allesamt ihre Instrumente beherrschten, als ob sie mit ihnen verwachsen wären und die gleichzeitig solch ungebremste Lust am Musizieren ausstrahlten, dass einem die Freudentränen ins Auge schossen. Wenn man nun erwartet hatte, dass sich innerhalb eines Jahres das Repertoire nur wenig oder gar nicht verändert hätte (was ja verzeihlich wäre), wurde eines Besseren belehrt. Neben wohlbekannten Hits wie „Zara Nikolai“ gab es nämlich viele neue, oft anrührende und wunderschöne Stücke wie „Herbst“, kompositorisch ausgefeilte, mit Überraschungseffekten gespickte Kompositionen wie „Hasenjagd“, unerhörte weltmusikalische Fusionen wie „Ich wäre gern kein Torero“ – die Geschichte von Jorge und dem Stier, dargestellt als eine schillernde Mischung aus Tango und Polka.
Und da blitzte herrlicher (fast valentinesker) Blödsinn auf, musikalisch eingebunden bei „Der Kaktus von Emerenz Meier“; und verbal in den Zwischentexten, die auf skurrile Art Fröhlichkeit evozierten. Als sei das noch nicht genug der obersten Güte, durfte man Soli erleben, die jeder Beschreibung spotten – ob auf dem Bass (Jochen Rössler), dem Akkordeon (Thomas Stoiber), der Geige (Veronika Keglmaier), der Gitarre, der Klarinette (Matthias Klimmer) – sogar der Blockflöte wurde ein ganz besonderer Platz zugewiesen. Nein, ich habe den Schlagzeuger (Maximilian Maier) nicht vergessen, der zwar kein Solo spielte – Ausuferndes ist in dieser Hinsicht ja hinlänglich bekannt –, stattdessen jedoch ein ums andere Mal mit punktgenauen Einsätzen und druckvollen Grooves bestach. Und dann waren da noch fünf Gesangsstimmen, die derart perfekt harmonierten, das einem wohlige Schauer über den Rücken hinunterliefen. Erst nachdem des gleichermaßen zahlreichen wie tobenden Publikums „Wunsch nach mehr“ Genüge geleistet worden war, konnte Flez Orange daran denken, die Heimreise ins ferne Niederbayern anzutreten.