Was lief?

Embryo

10.
Dez

Embryo ist eine der ältesten Rockbands, die die deutsche Szene hervorgebracht hat. 2004 feierten sie ihr 35-jähriges Jubiläum. Seit 1969 ist die Münchner Formation unentwegt unterwegs, produziert. alle paar Jahre ein neues Album und setzt sich kontinuierlich neuen Einflüssen aus, auf langen Reisen, die sie hauptsächlich durch den Orient; unternehmen. Welche enorme musikalische Wegstrecke dabei zurückgelegt wurde, ist anhand zweier Neuerscheinungen zu ermessen, die die Band  bei einem Auftritt in Bremen sowie bei einer Serie von Konzerten neusten Datums in Köln, München, Berlin und Spanien zeigen. Bei der Gründung waren Embryo Jazzdissidenten, die sich von den neuen elektrischen Sounds des Rock angesprochen fühlten. Mit kraftvollen Rhythmen und überblasenen Flötentönen war ihr Rockjazz ganz auf der ,Höhe der Zeit. Das Saxofon heulte elektrisch verzerrt, der Bassist spielte sein Instrument als Sologitarre a la Jack Bruce. Mit der Zeit hat die Musik die Selbstbezogenheit der Woodstock-Ära abgestreift und' sich nach vielen Richtungen geöffnet. Den Embryo-Mitgliedern wuchsen größere Ohren. Bald führten sie kein einstudiertes Repertoire mehr auf, sondern suchten den Austausch mit Musikern aus anderen Kulturen, ob in Europa, Afrika oder Asien. Dafür muss man vor allem eines können: zuhören.
Seit fast zwei Jahren hat Embryo Dank des Kölner Sängers Mik Quantius einen neuen Sound anzubieten.
Gesang war bei den ethnopsychodelischen Weltmusikpionieren bisher nie so wichtig gewesen. In den 70ern versuchten sich Roman Bunka und Christian Burchard als singende Instrumentalisten. Meist blieb es aber bei wenigen Songs, die zu Sprungbrettern für Improvisationen wurden, oder die Stimme wurde ohne Worte als Instrument eingesetzt, um bestimmte Stimmungen zu erzeugen. Dann gab es in den 80er Jahren Begegnungen mit großen indischen Sängerinnen wie Rama Mani und Shoba Gurtu und auch afghanische Troubadure oder afrikanische Trancemeister bereicherten den Embryoklang.
Jetzt ist es eine Stimme aus dem eigenen Land, die zwischen den nach wie vor freien Klängen und Improvisationen, die die besondere Klangreise der Embryomusiker ausmachen, ihren Platz gefunden hat.
Die Frankfurter Rundschau schrieb in einer Konzertkritik vom 14.12.02 : "...Mik Quantius scheint vom Opernbariton bis hin zum Obertongesang alles zu beherrschen..." und machte damit denselben Fehler wie die Embryomusiker, die, als sie Mik das erste Mal hörten, meinten, er würde singen wie eine Mischung aus Captain Beefheart und Demetrios Stratos. Für Mik Quantius waren das Unbekannte - auch hatte er bisher weder mit Oberton- noch mit Operngesang zu tun. Mik kommt aus der Dark-Metal-Szene und hat mit diversen Gruppen dieses Genres zusammengearbeitet, bis er vor drei Jahren zu der Avantgardband ,Hiroshi - Metalic' stieß, deren Bläser Werner Koenen auch auf einigen Stücken dieser Platte zu hören ist. Dann hat sich Mik bei einem Konzert von Embryo in deren Musik regelrecht verliebt. Er reiste der Gruppe nach, wurde alsbald vor ein Mikrophon gestellt und durfte singen was er wollte oder fühlte - direkt und spontan. Die Ergebnisse können auf der Mehrzahl der Titel dieser Platte nachgehört werden.
Natürlich gibt es keine Embryoplatte ohne die Mitwirkung jahrelangen Mitstreiter wie des ,Dissidenten'-Mitbegründers Michi Wehmeyer oder von ,Amon Düül II'-Boss Chris Karrer, der gerade sein 37tes Bühnenjubiläum mit Embryos Mastermind Christian Burchard feiert. Den afrikanischen Kontinent vertritt der Koraspieler Sam A. Jarju aus Gambia, Asien erklingt mit dem Rubabspieler Salamah Shiftah aus Afghanistan und dem chinesischen Multiinstrumentalisten Xizhi Nie. Letzterer zeigt auf dem Titel "Meringblues" seine Virtuosität auf der chinesischen Mundorgel - und bei "Space.." können wir seine fernöstlichen Scatkünste bewundern. Amerika wird präsentiert durch den New Yorker Keyboardmagier Larry Porter, der in "Space is the place" - einer Hommage an Sun Ra -, ahnen läßt, welche Möglichkeiten in ihm stecken. Hier trommelt auch der junge Max Weissenfeldt, bekannt als Schlagzeuger der ,Poets of Rhythm'. Die bewährte Rhythm-Section besteht ansonsten aus Ex-,Checkpoint Charlie'-Drummer Lothar Stahl und Bassist Jens Pollheide, der auch des öfteren auf der Flöte brilliert.
"Hallo Mik" endet meditativ mit den Klängen der französischen Gruppe ,Mandragora' (Julia Boncaret - Harfe & Fred Düpont - Tympanon), die mit ihren Saitenintrumenten während der ersten Marokkotournee 2002 bei Embryo eingestiegen waren. Eine der vielen Begegnungen, die Embryo hoffentlich weiterhin immer wieder neue Perspektiven eröffnen werden.
>Embryo: M.W.: Michael Wehmeyer / D.S.: Dieter Serfas / L.S.: Lothar Stahl / X.N.: Xizhi Nie / Ma.W.: Max Weissenfeldt / J.P.: Jens Pollheide / M.Q.: Mik Quantius / M.S.: Masaru Nishimoto /G.J.: Georg Janker / C.K.: Chris Karrer / C.B.: Christian Burchard

Embryo

Datum:

10.12.05

Uhrzeit:

20:30 Uhr

Eintritt:

10 €

Noch freie Sitzplätze:

0