Geschichte

Wie alles anfing und wie alles weitergeht

2021 24.09.

40-Jahr-Feier im Reitstadel, pandemisch entfallen …

Wir hatten uns sehr darüber gefreut, von Martin Frank (unsere Entdeckung aus dem Jahr 2014) eine Zusage bekommen zu haben; für die Pop-Musik hätte "Flez Orange" gesorgt, eine Truppe, die musikalisch von höchster Güte und gleichzeitig mit wundervollem Humor gesegnet war.

War? Ja, leider gibt es die Band nicht mehr – wahrscheinlich wurde sie von der Pandemie niedergestreckt. Zum Trost anbei ein Frank- und ein Flez-Orange- Video.
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Martin Frank

Flez Orange

40 Jahre Kneipenbühne – ein Beitrag von Lothar Röhrl in der "Mittelbayerischen

"Spuk O'wei" dauert 40 Jahre

Jubiläum – Die MZ sprach mit Golly Hertlein, der zusammen mit seiner Frau Hanne die Kneipenbühne zu einer Szene-Größe gemacht hat

40 Jahre Kneipenbühne: War so ein Jubiläum vor 40 Jahren vorstellbar?
​Golly: 1981 kauften wir als neunköpfige Wohngemeinschaft das alte Oberweilinger Schulhaus, um alternatives Leben auf dem Land auszuprobieren. Natürlich dachte da keiner der Genossen an ein Jubiläum, nicht einmal an ein fünfjähriges. Eine Woche vor dem Eröffnungstermin luden wir die Dorfbewohner und den Velburger Bürgermeister ein, um uns vorzustellen. Dieser prophezeite in seiner Rede, dass sich die Weilinger wegen der „langhaarigen Kommune“ keine Sorgen zu machen brauchen, da der Spuk in einem Jahr eh vorbei sei. Seine Prognose erfüllte sich nicht. Eine Mitschuld daran trug wohl der Vorbesitzer, der eines der beiden Klassenzimmer als Künstlerklause eingerichtet hatte. Wir beließen das geschmackvolle Ambiente, das uns spontan auf die Idee brachte, Kabarettisten und Musiker auftreten zu lassen. Das dass eine Schnapsidee sei, war von allen Seiten zu hören: der Ort zu weit abseits, der Raum zu klein. Was als Versuchsballon konzipiert war, entpuppte sich jedoch bald als Dauerbrenner. 

Wie sieht Ihre Hitliste an Auftritten aus?
​Golly: Anfangs war für mich jeder Auftritt ein Hit und ich hatte Glück, mit Musikern aus der Blues-, Rock-, Jazz- und Liedermacherszene bekannt und verbandelt zu sein. Damals traten vorwiegend Nürnberger auf; das änderte sich allerdings ziemlich schnell, denn bald kamen –noch unbekannte – Künstler aus dem süddeutschen Raum dazu: Ottfried Fischer zum Beispiel, Günter Grünwald, später Martina Schwarzmann und Martin Frank, und ich darf den Jazzdrummer Wolfgang Haffner nicht vergessen. Allerdings überkommt mich ein mulmiges Gefühl, denn allzu viele der Besten (auch international gesehen) darf ich aus Platzmangel hier gar nicht erwähnen. Lizzy Aumeier (bereits 1983 in der Kneipenbühne zu Gast) brachte es einst auf den Punkt, als sie anlässlich unseres 30jährigen Jubiläums anmerkte, dass man Hanne und Golly unendlich dankbar sein müsse: die Kneipenbühne habe vielen überregional bekannten Künstlern als Sprungbrett gedient.

Wer war Ihr häufigster Gast?
​Golly: Bei mittlerweile weit über 1.000 Konzerten ist das wirklich nicht zu sagen. Jedenfalls eröffnete ich zusammen mit Peter Hammer am 19.9.81 den Reigen und stand seitdem geschätzt einmal pro Jahr selbst auf der O’wei-Bühne; unter anderem mit Jellyroll, Rufus T. Firefly, den Gauwailers, mit Fitz Kusz, Miller The Killer, Ronley Teper’s Lipliners und bei vielen Sessions. 

Wen wollen Sie als wichtigste Mitstreiter auf keinen Fall vergessen?
​Golly: Natürlich meine Frau Hanne. Eine liebe Freundin ist Heike Kindl, die uns zusammen mit ihrem Mann Volker seit vielen Jahren zuverlässig mit Rat und Tat zur Seite steht. Ganz wichtig ist auch Heinz Zimmermann, und das seit Urzeiten!

Welchen Typ an Gästen spricht Ihr Kultur-Angebot an?
​Golly: Die Kneipenbühne hat sich als feste Institution und Garant für Qualität etabliert, das heißt, die Veranstaltungen werden vorwiegend von Menschen in gesetztem Alter besucht. Das war nicht immer so. Als wir das O‘wei eröffneten, befanden wir uns im zarten Alter von noch nicht einmal dreißig und es ist ganz klar, dass damals unser Publikum entsprechend jung war und aus der näheren Umgebung stammte. Einige Pärchen verliebten sich in der Kneipenbühne, heirateten, kriegten Kinder … und blieben weg. Für uns entstand eine Durststrecke, die neuen Jungen gingen lieber in die Disco oder hingen vor dem Computer ab, die Älteren hatten keine Zeit oder trauten sich noch nicht. Das hat sich geändert. Manchmal – bei Steffi Denk oder den Raith-Schwestern – muss ich die Tische aus dem Klassenzimmer räumen, um Platz für 77 Sitze zu schaffen. Trotz der vielen Arbeit freue ich mich auf jeden Veranstaltungsabend. Ohne diese Samstage fehlt mir etwas. Das spüre ich derzeit recht schmerzhaft.

„Projekt Film & Kunst e.V.“ – klappte diese Zielsetzung?
​Golly: Der Vereinsname stammt aus den 80er-Jahren. Neben den Konzerten und einer permanenten Kunstausstellung im Treppenhaus boten wir einmal pro Woche einen Spielfilm an. Unser erster gezeigter Film war Josef Rödls damals recht aktueller Streifen „Albert Warum“, gerade einmal vier Jahre alt. 1998, zwanzig Jahre nach der Uraufführung, zeigten wir ihn auf Betreiben Rödls noch einmal. Der hatte dazu alle noch lebenden Darsteller eingeladen. Die sah ich doppelt: auf der Leinwand – und im Publikum um zwanzig Jahre gealtert. Surrealer geht es wohl kaum. 

Denkt die Gemeinde Velburg auch an Sie?
​Golly: Der finanzielle Rahmen unserer Gemeinde ist sehr begrenzt, das bedeutet für unseren Verein einen Zuschuss in Höhe von etwas mehr als 200 € im Jahr. Damit könnte ich nicht einmal eine einzige faire Gage auszahlen. Immerhin hat der neue Velburger Bürgermeister Unterstützung zugesichert. Schließlich war Christian Schmid einst Hannes‘ Schüler.

Wie sieht es mit Anfragen nach Auftritten aus? 
​Golly: Um fehlende Anfragen brauche ich mich nicht zu sorgen, sie kommen aus allen Ecken unseres schönen Planeten, oft fällt es mir schwer, mich zu entscheiden – und ich achte gnadenlos auf Qualität. Dass derzeit keine Termine zur Verfügung stehen, versteht sich von selbst. Eine Ausnahme gibt es: „That One-Eyed Kid“ aus Boston (Mass.) befindet sich zusammen mit seiner aus Minsk (Belarus) stammenden Partnerin auf Europatournee. Die beiden gastieren am 2.7.22 in O’wei – wenn das Wetter mitspielt, natürlich im Garten.

Ihr 32. Tonträger, „Blues-Geziefer“, ist erschienen. Was kommt noch?
​Golly: Nach „Bluesgeziefer“ brauche ich wahrscheinlich eine musikalische Pause. Nun ist es vielleicht an der Zeit, wieder einmal ein paar Bilder zu produzieren. Ich möchte mit Blattgold, Schwefel und verrostetem Metall experimentieren, die Materialien stehen schon bereit. Und bei Gelegenheit will ich eine weitere Novelle schreiben, die „Geschichte von zwei Töpfern und Omas Asche“. 

Wann und vor allem Wie stellen Sie sich das Finale des Projekts vor?
​Golly: Ich feiere im April einen runden Geburtstag, bin Jahrgang 1952. Selbstverständlich werde ich die Bühne weiterbetreiben, solange Körper und Geist mitmachen. Anvisiert habe ich das 50-jährige Jubiläum, möglichst wieder im Reitstadel, möglichst wieder mit einer Entdeckung. Danach sollte ich dann doch in den Ruhestand gehen. Aber Zukunftsmusik ist nicht so mein Ding. Mal sehen.