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Eine kleine Golly-Vorstellung aus dem Jahr 2004

feature Seit fast 40 Jahren macht Golly nun Musik: 1969 setzte er gleichzeitig mit Martin Philippi und manchmal auch mit ihm zusammen die Bluespflänzchen, die später zur äußerst fruchtbaren Nürnberger Bluesszene heranwuchsen. Die "Martin-Philippi-Blues-Band" und Gollys "Blue Delta" teilten sich sogar eine Zeitlang den Übungsraum im ersten Stock eines baufälligen Hauses im Nürnberger Nordosten. „Wir standen beim Üben mit dem Rücken zur Wand, keiner traute sich bis zur Mitte des Raumes vordringen, die sich um ca. einen halben Meter gesenkt hatte ... That’s Blues.“ Alexis Korner (†), Vater des weißen Blues war ein guter Bekannte vom "Blueser" (Gollys Spitzname in den späten 60ern). Gollys Auftritt im Nürnberger Jazzclub mit Sunnyland Slim (†) ist legendär. Er stand aber auch mit Jeanne Carroll (†), Louisiana Red (†) und Chris Jagger (dem Bruder von Mick) auf der Bühne.

feature Ab Mitte der 70er-Jahre wirkte er mit seinem Konzept “Großstadtmusik” bei der Liedermacherbewegung mit, hatte einen einstündigen Live-Auftritt im Bayerischen Rundfunk, spielte bundesweit auf Liedermacher-Festivals und einmal sogar in der DDR. Zu Beginn der 80er-Jahre zog er aufs Land, gründete die mittlerweile international von Künstlern und Publikum gleichermaßen geschätzte „Kneipenbühne“ und rief die Nürnberger All-Star-Band „Jellyroll“ ins Leben (unter anderem mit Rudi Madsius und Klaus Brandl).
Mit den Resten der Martin-Philippi-Blues Band schwamm er anschließend als „Rufus T. Firefly“ auf der Neuen Deutschen Welle mit und nahm andererseits am internationalen Kompositionswettbewerb der Universität Siena teil, bevor er um 1990 sein Fable für den Oberpfälzer Dialekt entdeckte und unter anderem mit der Band „Triaho“ den neuen Weg der Hardcore-Volksmusik ging. Dies fiel zusammen mit der Gründung seines Labels „Knopf“ (Kneipenbühne Oberpfalz), auf dem er mittlerweile 24 Produktionen veröffentlichte, auch mehrere Bluesscheiben, von denen eine (“I Wonder Why“) nicht zuletzt aufgrund Gollys außerordentlich ungewöhnlichen Arrangements bei Lippmann + Rau (Bellaphon) unter Vertrag genommen wurde. Diese Scheibe inspirierte „Buddy & The Huddle“ (bei denen Golly übrigens auch mitwirkte) zu ihrem erfolgreichen Projekt „Suttree“. Die Liste der Künstler, mit denen Golly zusammenarbeitete, ist lang und spektakulär: der Schriftsteller Fitzgerald Kusz ist darunter, Komponist Heinrich Hartl, Kammersängerin Eva-Maria Avril, der Künstler Peter Hammer, der leider viel zu früh verstorbene Geschichtenerzähler Ralf Huwendiek, fränkische Urgesteine wie Klaus Brandl und Keili Keilhofer, Ulknudel Lizzy Aumeier – um nur einige zu nennen. Selbsternannte lebende Blueslegenden lässt Golly gern beiseite, denn nichts ist ihm ein größerer Gräuel als Windbeuteleien: er hält sich lieber im Hintergrund und versucht stattdessen gute Arbeit abzuliefern.

feature Zuletzt produzierte er die Nürnberger Künstlerband „Krunk – Wurst Class musuc“ um den international bekannten Kulturpreisträger Fred Ziegler (seine Spezialität sind monochrome gelbe Bilder), eine Scheibe, die zumindest in Nürnberg Kultstatus hat.
Im vergangenen Jahr folgte die CD „Wahre Geschichten“, von deren freier Musik der Film- und Fernsehregisseur Josef Rödl (Heimatfilme wie „Albert Warum“, Tatort- und Krimiproduktionen unter anderem mit Bruno Ganz) so angetan war, dass er Teile daraus für seinen Kurzfilm „Mein Mörder mein Mann“ verwendete.
Als eine Art musikalisches Vermächtnis legt Golly nun seine Produktion „23“ vor, eine Arbeit, die er mit zwei jungen Musikern realisierte und die Gollys ganz persönliche Lieblingssongs aus dem 20ten Jahrhundert repräsentiert. Mit von der Partie sind Jule Weidinger (Bass, Gesang – ex „Beggar’s Banquet“) und Henning Frank (Schlagzeug, Gesang – „Bad Penny“, „Sixtas“). Interpretiert werden unter anderem Stücke von John Lennon, Bob Dylan, Randy Newman, Tom Waits und Ry Cooder. Charakteristisch an der Scheibe ist das bewusste Abweichen vom jeweiligen Original, der oft dreistimmige Gesang und die sparsame, transparente Instrumentierung, die ein freundliches warmes Feeling verbreitet: Musik zum Seele-baumeln-lassen (online erhältlich bei amazon.de, media-arte.de, knopfstudio.de, in der Musikzentrale Nürnberg, in gut sortierten Plattenläden oder direkt in der Kneipenbühne. Tel. 09182-450)
Derzeit sitzt der rastlose Macher an einer Produktion mit dem irischen Songpoeten Tony McLaughlin (mit von der Partie sind Keili Keilhofer und als Gäste die Flashy Flunkies - Jule Weidinger und Golly), die den Titel „True Natives“ tragen wird, danach ist das musikalische Science-Fiction-Hörspiel „WOLD (Golz)“ geplant; gleichzeitig will Golly mit neuen Bands neue Wege einschlagen.