Veranstaltungskritiken
Würdigung vergangener Veranstaltungen in der Kneipenbühne:

Red Manhole
"Red Manhole“, ein Trio, das mit viel Verve und großem Mut unerhörte musikalische Wege geht und darüber hinaus seine durchweg selbst komponierten und arrangierten Lieder auf deutsch singt, debütierte am Samstag in der gut gefüllten Kneipenbühne. „Red Manhole“ so Nils Hübenbecker, der sympathische Sänger und exzellente Pianist der Band, „bedeutet nicht ‚Rot Mann Loch’, sondern einfach nur ‚Roter Kanaldeckel’“. Diesem sei einst ein imaginärer weißer Hund mit Zylinder namens Fred entstiegen, um die Band zu inspirieren. (Das macht dieser Hund wirklich gut!) Der Name „Red Manhole“, den man sich unbedingt merken sollte, ist jedenfalls weit davon entfernt, irgendwelche schmutzigen Fantasien zu bedienen.
Aber zur Musik: Eine derart wilde, lustvoll-fröhliche Mischung aus Klezmer, Indie, Klassik, Punk und Psycho hat man bislang im O’wei’-Klassenzimmer noch nicht erlebt. Hier haben sich drei phänomenale Instrumentalisten getroffen, die ihre oftmals überraschenden und filigranen Arrangements in höchster Präzision umsetzen – und das ohne jeden Spickzettel. Dennoch lässt ihre Musik Platz für ekstatisch improvisierte Soli, die vor allem vom zweiten Sänger Sven Schöllmann auf Klarinette und Saxophon mit allen Finessen in die Tat umgesetzt werden, etwa wenn er bei einem Tarantino-Filmmusik-Zitat mit Zirkulartechnik brilliert. Kata Fenn schließlich, Schlagzeugerin mit Leib und Seele, fasziniert mit unglaublich exakten Einsätzen und wunderbar kalkulierter Dynamik; gleichzeitig sprüht sie nur so vor Energie.
Die Texte, hin und wieder gemeinsam geschrieben, sind oft absurd, surreal und zuweilen völlig verrückt, etwa, wenn es um die ungarische Gemüsesuppe F?zelék geht oder um „Kinderschlecken“ (das Wort basiert auf einem Versprecher aus „Kinderspiel und Zuckerschlecken“ ); hitverdächtig sind „Pitta“ und „Der Rote Pirat“ – und manchmal, wenn das Trio Lieder von ihrer demnächst erscheinenden zweiten CD vorstellt, sind sie auch gänsehauttreibend schön: „Auf uns scheint helles Mondlicht, obwohl es schon lange Tag ist“. Die gefühlvoll mit einem Sampler untermalte „Strandallee“, (Welt-live-Premiere in der Kneipenbühne) könnte es in die Charts schaffen.
Und dann, als man es am wenigsten erwartet, covern die drei, quasi als Verbeugung vor dem großen Paolo Conte, dessen wunderschönes Liebeslied „Azurro“ – da geht nicht nur dem Kenner das Herz auf!
Drücken wir die Daumen, lüpfen wir den Hut!