Was läuft
Josef Hien

Vom Whistleblower zum Liedermacher oder: Wenn ihr etwas sagen müsst – singt es!
Spielzeugverkäufer, Opernsänger, Eventmanager, Tennistrainer, Marketingleiter und Altenheim-Umzugskoordinator – all das war ich schon in diesem Leben. Eines Tages stellte ich fest, dass in meiner Firma manches nicht ganz in Ordnung war. Also beschloss ich, das auch zu sagen. Das änderte an den Umständen leider herzlich wenig – nur für mich wurde das Leben etwas schwieriger. Doch genau in diesem Moment schenkte mir jemand eine alte Gitarre, und dann passierte etwas, das ich bis heute nicht erklären kann: Ich schrieb sofort mein erstes Lied, es war innerhalb von Sekunden da und fertig in meinem Kopf. Ich konnte nur leider nicht Gitarre spielen und musste das also so schnell wie möglich lernen! Dieses erste Lied war ein Aufschrei, eine Kritik an den Zuständen in meiner Firma. Auftritte hatte ich zu dieser Zeit zwar keine, klar – aber dann kam das Sommerfest der Firma…
Ich fragte an, ob beim Fest nicht mal etwas Musik nett wäre, so zwischen Haupt- und Nachspeise – und sang schließlich vor versammelter Belegschaft mein Lied. Große Aufregung! In der Folge ging es nämlich um die Frage, ob das Lied „justiziabel“ sei. Denn die Firma schaltete tatsächlich Anwälte ein; man braucht dann leider selbst auch einen Anwalt, und aus all dem will ich euch nur eine Erfahrung weitergeben: Wenn ihr einmal Kritik in eurer Firma äußern möchtet, dann sagt sie nicht einfach! Nehmt euch ein Instrument und singt sie! Dann gilt, so habe ich gelernt, hierzulande die Kunstfreiheit, und die trägt einen ziemlich weit. Und ehrlich – so schlimm war mein Lied ohnehin nicht. Darum kam es am Ende auch zu einer Einigung: Ich bekomme eine Abfindung und verlasse bitteschön die Firma. Aber wisst ihr was? In der Zwischenzeit waren immer mehr Lieder entstanden, und mit der Gitarre klappte das mittlerweile auch – und so beschloss ich, die Abfindung zu nehmen und aus meinen Liedern ein Album zu machen. Plötzlich ging eine Tür nach der anderen auf: Yoyo Röhm produzierte das Album, Konstantin Wecker gefiel es, er verschaffte mir einen Plattenvertrag, und so erblickte „Mit Dir“, mein erstes Album, das Licht der Welt!
Verrückt, nun bin ich also Liedermacher – und ich empfinde es als Geschenk. Denn ich war 15 Jahre alt, als mein Vater, ebenfalls Musiker, im Alter von 43 an einem Herzinfarkt gestorben ist. Ich war genau in seinem Alter, als die Geschichte passiert ist, die ich euch hier erzählt habe. Und ich kam dabei in die schwierigste berufliche Situation meines Lebens und gesundheitlich bis an die Grenze. Aber auch genau in diesem Moment kam irgendwoher die Musik, ich begann zu schreiben und gesund zu werden. Ich lebe dabei im Bewusstsein, nun die Jahre zu erleben, die mein Vater nicht mehr haben durfte. Und ich tue das mit dem Erbe seiner Stimme und, das hoffe ich, seiner musikalischen Begabung. Danke, Papa!
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Datum:
11.05.24
Uhrzeit:
20:30 Uhr
Eintritt:
15 €
Noch freie Sitzplätze:
77